"Man kann sich über vieles aufregen, aber Gott sei Dank ist man nicht dazu verpflichtet." 

Kognitive Verhaltenstherapie

 

Wie der Name schon sagt, umfasst Kognitive Verhaltenstherapie sowohl kognitive (=Erkenntnis betreffend; Einstellungen, Gedanken, Selbstgespräche, Vorstellungen und Interpretationen) als auch verhaltensbezogene Techniken; sie hat sich seit den 50er Jahren aus der Verhaltenstherapie entwickelt. Wichtige Vertreter dieser Richtung sind AARON BECK, ALBERT ELLIS und DONALD MEICHENBAUM, die ihr Interesse verstärkt auf innere gedankliche und bildhafte Prozesse legen. Grundannahme ihrer Theorien ist, dass Gefühle und Verhaltensweisen ein direkter Ausdruck von Gedanken sind. Deshalb wird im Therapieprozess daran gearbeitet, irrationale, ungesunde und problematische Denkweisen, die mit psychischen Problemen einhergehen, zu verändern. Ein typisches gerne von ELLIS angesprochenes Beispiel ist die Gedankenkette: "Ich muss von allen geliebt und gemocht werden, wenn dies nicht der Fall ist, so ist es schrecklich." Solche Gedanken führen zu Ängsten und/oder Depressivität. Derartige Gedanken werden in der Kognitiven Verhaltenstherapie hinterfragt und bearbeitet, wenn der Klient sich dazu entschieden hat, z.B. die damit verbundenen Probleme verringern zu wollen. 

Verhaltenstechniken stammen aus der Verhaltenstherapie und haben einen gleich hohen Stellenwert in der Kognitiven Verhaltenstherapie. Basisannahme dabei ist, dass ungünstige, problematische Verhaltensweisen erlernt wurden und wieder verlernt werden können. Typische Strategien dabei sind zum Beispiel der Aufbau von selbstsicheren Verhaltensweisen, Entspannungsverfahren oder die gezielte Konfrontation mit gefürchteten Objekten.

Sowohl kognitive als auch verhaltensbezogene Techniken haben sich als effektiv in der Behandlung von Ängsten, Phobien (=Ängste vor Objekten) und Depressionen erwiesen. Dies ist vielfach wissenschaftlich untersucht und nachgewiesen worden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass (Kognitive) Verhaltenstherapie neben tiefenpsychologischen Methoden am ehesten von den Krankenkassen bezahlt wird. Im Gegensatz zu tiefenpsychologischen Ansätzen wird die Kognitive Verhaltenstherapie manchmal als oberflächlich und günstig für "Kurzzeitprobleme" betrachtet. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Kognitive Verhaltenstherapie auf eine breite Anzahl von Problemen angewendet werden kann. Sie unterstützt den Klienten schon sehr frühzeitig darin, seine Probleme langfristig ohne den Therapeuten verändern zu können.

 

 

RATIONAL-EMOTIVE VERHALTENSTHERAPIE (REVT)

 

Im folgenden wird die von ALBERT ELLIS entwickelte Rational-Emotive Verhaltenstherapie als eine besonders strukturierte und auf Selbsthilfe abzielende Methode vorgestellt. ELLIS entwickelte seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts als Alternative zur klassischen eher passiven Psychoanalyse und als Erweiterung verhaltenstherapeutischer Techniken die Rational-Emotive Therapie (RET), die er später Jahren Rational-Emotive Verhaltenstherapie nannte. Er lässt sich dabei besonders von den Stoikern leiten: "Die Menschen werden nicht durch die Dinge selbst verwirrt, sondern durch die Art, wie sie über sie denken." Beeinflusst wurde er auch von den Lehren Bertrand Russells und Alfred Adlers.

 

Im Mittelpunkt seiner Theorie steht das sogenannte "ABC-Modell der Gefühle", wobei mit A (= activating event) das auslösende Ereignis eines Problems, mit B (= believes) Gedanken und Bewertungen und mit C (= consequences) Gedanken und Gefühle gemeint sind. Dazu ein Beispiel: 

A = Auslösendes Ereignis:

 

"Ich sitze im Bus. Marion setzt sich neben mich."

B = Gedanken und Bewertungen:

 

"Jetzt ist wieder eine Möglichkeit, sie zu einem Kaffee einzuladen. Vielleicht meine letzte Chance, sie zu fragen. Sie wird aber nein sagen, vielleicht lacht sie mich aus." Andere im Bus kriegen ihre Ablehnung mit und dann erzählt sie es auch noch den Kollegen. Ich kann mich nirgendwo mehr sehen lassen."  

 

C = Gefühle und Verhalten

 

Gefühle:      Aufregung

     Angst

     Niedergeschlagenheit

Verhalten:

     Zittern

     unruhiges Hin und Her      


 

 

ELLIS geht davon aus, dass irrationale Bewertungen oder Einstellungen über Erziehungs-, Kultur- und Sozialisationsprozesse erworben worden sind. Jeder Mensch entwickelt eine eigene Philosophie, die sich in seinen Selbstgesprächen widerspiegelt. Dabei werden nicht alle problematischen Verhaltensweisen in den ersten Lebensjahren erworben sondern auch später.

Ein Therapeut, der mit der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie arbeitet, wird unter anderem folgende Techniken einsetzen: Disputation unangemessener, irrationaler oder ungesunder Denkweisen: Nachdem der Klient und der Therapeut einig darin sind, ein bestimmtes Gefühl, zum Beispiel Angst vor einer Prüfung (in Lampenfieber) zu verändern, wird der Therapeut das bisherige Denken konfrontativ hinterfragen (=disputieren). Er geht dabei wie ein Wissenschaftler mit logischen Denkregeln vor. Wenn der Klient glaubt, ein Versager zu sein, wenn er die bevorstehende Prüfung nicht schafft, fragt ihn der Therapeut z.B., ob er diesen Glauben beweisen kann. Erstellung von ABCs: Der Therapeut bittet den Klienten, zu Hause ABCs über problematische Verhaltensweisen oder belastende Gefühle zu erstellen. Er soll sich z.B. dann, wenn die Angst kommt, hinsetzen und sich die Auslöser und seine Bewertungen bewusst machen. Das geht am Besten mit strukturierten Notizen. Im Laufe der Therapie lernt er dabei, zunehmend selbständig eigene unangemessene Denkweisen zu hinterfragen. Durchführen von Rational-Emotiven Imaginationen (=Vorstellungen): Der Therapeut bittet den Klienten, sich bei verschlossenen Augen ein bestimmtes belastendes Gefühl vorzustellen und die damit zusammenhängenden Gedanken zunächst zu betrachten. Danach verändert der Klient mit dem bewussten Einsetzen der neu erlernten Gedanken das belastende Gefühl. Hier wird also eine belastende Situation zunächst durch mentales Üben bewältigt. Verhaltensübungen: Nachdem der Klient erlernt hat, bei einem bestimmten Problem anders zu denken, kann er durch eine Verhaltensaufgabe im Alltag lernen, die Veränderungen zu überprüfen. Zum Beispiel kann jemand, der Angst vor Ablehnung hat, kleine Experimente machen, wo er mit Ablehnung rechnen muss und dabei sehen, dass die damit verbundene Erfahrung auszuhalten ist.

 Sie sehen daran, dass die REVT eine direkte, eher konfrontative Therapieform ist. Der Therapeut hinterfragt sehr genau die Gedanken und Bewertungen, die zu belastenden Konsequenzen führen und sucht nach gedanklichen Alternativen. Dies geschieht natürlich in einer Atmosphäre des Respekts vor den Problemen des Klienten. Rational-Emotive Verhaltenstherapie hilft, in Belastungssituationen mit rationalen Mitteln Gefühle und Verhaltensweisen angemessen zu steuern. Dies führt jedoch nicht dazu, dass wir unsere Gefühle verlieren und uns wie ein Roboter verhalten. Ein Beispiel dafür ist Ärger: zu viel davon bringt unser vegetatives Nervensystem in Fahrt und führt zu gesundheitlichen Problemen; leichter Ärger, hingegen motiviert eher, demnächst bessere Lösungen zu finden. Es kommt also auf das Ausmaß eines Gefühls an. 

Buchempfehlungen:

1. Wolf, Doris u. Merkle, Rolf: Gefühle verstehen, Probleme bewältigen. Argon Balance: 2015, 32. Auflage. Hier finden Sie ausgehend vom oben beschriebenen "ABC der Gefühle" erste Hilfestellungen zu Problemen wie Ängsten, Depressivität, Ärger oder Eifersucht.

2. Stavemann, Harlich H.: Im Gefühlsdschungel: Emotionale Krisen verstehen und bewältigen: Beltz: 2010, 2. Auflage.